Wie gelangt man zu neuer Lebenskraft?
- Melanie Berger
- 18. März
- 6 Min. Lesezeit
Die vergangenen Jahre sind nicht spurlos an uns vorübergegangen. Viele leiden vermehrt unter mangelnder Lebenskraft, Krankheiten, Stress und insgesamt an einem überfordert sein. Doch was fehlt, dass der Mensch wieder in seiner vollen Blüte erstrahlen kann und lebensfreudig, beziehungsvoll und aufgerichtet erscheint? Als Krönung der Schöpfung ist der Mensch als geistiges Wesen in der Lage, auf recht einfache Weise sein Energieniveau für sich und auch für andere zu verbessern, physischen und psychischen Krankheiten entgegen zu wirken und zu erkraften. Ähnlich wie unsere Mitmenschen eine unruhige, aggressive oder mehr beengende Stimmung im Raum wahrnehmen können, so kann man auch eine beruhigende, aufbauende und freiere Atmosphäre bemerken. Je nachdem wie der Mensch sich ausrichtet, kann er geeignetere Verhältnisse nicht nur für sich selbst, sondern auch auf sozialfähige Weise für andere schaffen.
Der Begriff der Lebenskraft, oder auf einfachere Weise als Energie bezeichnet, mag vielleicht etwas esoterisch anmuten. Jedoch leben und arbeiten reale Kräfte am Menschen, die zwar mit dem herkömmlichen Augenlicht nicht sichtbar sind, die aber auf feinere Weise wahrgenommen werden können. Ein einfaches Beispiel mag dies in eine erste Vorstellung rücken: es gibt Tage, an welchen man sich scheinbar nicht aufrichten kann und man gewinnt den Eindruck, als hätte man Backsteine auf den Schultern liegen, und es gibt andere, an denen ein Aufrichten leichtfällt und wie bereits vorhanden ist.
„Die göttliche Energie, die unsichtbar, geheimnisvoll und intelligent durch den Menschen, durch den Menschenleib und durch seinen unbewussten Willen sich verkündet, arbeitet partiell, in kleinen Dosierungen, selbstseiend und doch gemäß der Entwicklung aus einem höheren Willen heraus.“ Heinz Grill (Geistforscher/ Spiritueller Lehrer) aus: Die 7 Lebensjahrsiebte und die 7 Chakren S. 44
Was fördert die Lebenskraft?
Vermutlich kennt es jeder. Man hat sich ein sinnvolles Ziel vorgenommen und möchte dieses innerhalb eines bestimmten Zeitmaßes erreichen. Das Ziel wird mutig und spannkräftig verfolgt und zu einem runden Abschluss geführt: es ist im Ergebnis ein Gewinn an Lebenskraft zu verzeichnen. Etwas allgemeiner gesprochen, benötigt der Mensch insgesamt eine Ausrichtung an profunde und tugendhafte Ziele im Leben, damit er auf seinem Entwicklungsweg voranschreiten kann. Welche Tugenden er entwickeln möchte ist hierbei ganz individuell wählbar. Insgesamt baut der Mensch auf, wenn er sich jeden Tag sinnvolle, grenzüberschreitende (körperliche wie mentale) Ziele vornimmt.
In einer Zeit, in welcher sehr viele Informationen verfügbar sind, die einen beinahe zu erdrücken drohen und die man nicht mehr ordentlich im Inneren zu verarbeiten und ordnen vermag, ein Termin folgt dem nächsten usw. erlebt sich der Mensch häufig wie ein Spielball, der wie wild hin und her geworfen wird. Dies kostet Kraft, da hier oft die Führung des Bewusstseins über das eigene Leben nicht so recht gelingen mag. Wesentlich erscheint es, dass man sich zu mehr Zentrierung erzieht, zunächst eine Sache zu Ende zu bringen und dann erst mit der nächsten zu beginnen. Ein sogenanntes einfaches Tageskonzept, welches beinhaltet was heute die wichtigsten Aufgaben sind, erscheint zielführend. Im Ergebnis fördert dies eine Zentrierung im Bewusstsein und verhindert, dass man wie „kopflos“ durch den Tag irrt. Dem Tag ist dadurch wie eine Richtung gegeben ähnlich einer Wanderung, die für gewöhnlich auch ein Zielpunkt vorweist. Es wäre möglich, sich exakt eine Vorstellung über den Tag zu bilden, wie die einzelnen Aufgaben zu bewerkstelligen sind und was hieraus entstehen soll.
Das Wort Zentrierung erscheint in diesem Kontext recht anschaulich. Man zentriert sich zu einer Sache hin und nicht auf viele verschiedene. Eine Zentrierung im Leben fördert Lebenskraft - ein zerrissen sein kostet Kraft. Zentrieren kann man sich auf unterschiedliche Weise im Leben. Ein Gespräch bspw. kann zentriert und inhaltsvoll zu einem Thema ausgerichtet sein oder, wenn kein Thema oder Ziel gewählt wurde, wie ungeformt und eher nervenaufreibend. Wenn dies in ersten Zügen gelingt lässt sich beobachten, dass insgesamt mehr Zeit für andere Tätigkeiten zur Verfügung steht und diese auch leichter zu bewältigen sind.
Was schwächt die Lebenskraft?
An dieser Stelle möchte ich mehr eine kurze Aufzählung leisten: zielloses, hektisches Arbeiten ohne Vorstellung was hierbei entstehen soll, unsachliche, emotionsgeladene Gespräche, Lügen, selbstsüchtiges Handeln, negative Gedanken - um nur einige wenige zu nennen.
Gedanken von Sorge und Gedanken von Furcht sind fürchterliche Feinde. Sie vergiften die Quellen des Lebens und zerstören Harmonie, ständige Leistungsfähigkeit, Vitalität und Kraft“ Swami Sivananda (indischer Gelehrter, spiritueller Lehrer) aus: Kraft der Gedanken S. 32
Methoden zum Aufbau der Lebenskraft
Zwei einfache Übungen möchte ich skizzieren, die zu einer inneren Ruhe und Zentrierung führen und Lebenskraft aufbauen.
Übung 1
Setzen Sie sich auf den Boden, bspw. mit einem Kissen zur Unterstützung der aufrechten Körperhaltung oder auch auf einen Stuhl. Entscheidend ist hier, dass die Wirbelsäule einigermaßen leicht aufrichtbar ist, ohne dass sogleich Schmerzen am Körper entstehen. Sodann nehmen Sie zunächst die Berührung mit dem Boden (oder dem Stuhl wahr). Welche Körperstellen berühren im Außen den Boden? Dann gleiten Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit Ihre Wirbelsäule entlang von unten nach oben mit der Idee des leichten Aufrichtens in die Vertikale, die Schultern fallen als Ergebnis locker nach unten und entheben sich jeglicher Anspannung. Am vorderen Körperbereich können Sie die Auf- und Abbewegungen des Atemrhythmus beobachten und schließlich erfolgt die Aufmerksamkeit auf die Mitte der Stirn, etwas oberhalb der Augenbrauen gelegen. Das Betrachtungsobjekt ist hier zunächst der eigene Körper.
Im Fortgang bilden Sie sich eine ungewöhnlich anmutende Vorstellung, die als Kundalini-Bewegung bekannt ist. Stellen Sie sich von außen, vom Luftraum zur Wirbelsäule und sogar noch tiefer, bis in den Rückenmarkskanal hinein, eine sammelnde, zentrierende Bewegung vor bei gleichzeitiger Entspannung der Peripherie, der Haut, der Glieder. Verweilen Sie etwa 2-5 Minuten konzentriert bei diesem Vorstellungsbild. Mit etwas Übung kann eine interessierte Forschungsfrage diesen Prozess begleiten: „Wie wirkt die Übung auf mein Empfindungsleben und was tut sie mit meinem Körper?“
Es ist wirklich erstaunlich was diese Vorstellungsübung für eine aufbauende Wirkung hat. Sie führt zu einer Empfindung des gesammelt seins oder zentriert seins bei gleichzeitiger Offenheit nach außen. Sie beruhigt und es lässt sich erleben, dass der Körper sich weiter in die vertikale Form aufrichtet. Es ist erstaunlich, dass ein Vorstellungsbild – wenn es einigermaßen gelungen ist sich dies konzentriert zu denken – solch eine Wirkung erzielt. Etwas zunächst Abstraktes, eine Vorstellung, führt unmittelbar zu einer physischen Wirkung.
Die Übung kann mehrmals am Tag praktiziert werden. Mit etwas Routine gelingt sie nach kurzer Dauer recht leicht und kann im Stehen wenn man bspw. im Alltag beim Einkaufen an der Kasse wartet, auf dem Bürostuhl, während des Putzvorgangs oder im Auto einstudiert werden.
Übung 2
Eine klare, wache, sachliche Beobachtung eines gewählten Objektes führt im Ergebnis zu einer Unterscheidung zwischen einem Du und einem Ich und letztendlich durch die Herstellung dieser Ordnung (Subjekt / Objekt) zu einer Entspannung des Nervensystems. Das vegetative Nervensystem arbeitet immer dann auf optimale Weise, wenn das zentrale Nervensystem in einer aktiven und aufmerksamen Beziehungsaufnahme mit der Umgebung steht.
Durch die Betrachtung entsteht in der weiteren Folge ein Kraftzuwachs, der Mensch erzeugt durch die Beobachtung eine fein wahrnehmbare, aufbauende Energie. Immer dann, wenn es dem Menschen gelingt nicht von sich selbst auszugehen, sondern sich tatsächlich einem Objekt oder einer Sache im Außen hinzuwenden, bauen sich lebenserhaltende Kräfte auf. Dies mögen recht ungewöhnliche Gedanken sein, können jedoch anhand der vorgeschlagenen Übung weiter ergründet und in eine erste konkrete Erfahrung gebracht werden.
Für die Übung möchte ich ein Naturobjekt, eine Birke wählen, es könnte jedoch auch eine andere Naturerscheinung sein. Eventuell haben Sie die Möglichkeit nach draußen zu gehen oder aus dem Fenster zu schauen. Beginnen Sie den Baum oder ein anderes Objekt so zu beschreiben, als würden Sie mit jemandem telefonieren, der diesen Baum nicht sieht. Ziel ist es die Beschreibung so zu wählen, dass eine exakte Vorstellung über dieses Objekt entsteht. Schwärmereien, Sympathie- oder Antipathiegefühle sind hier bewusst zurückzuhalten. Geeignete Fragen zur Übung sind: welche Größe hat das Objekt, wie schauen die Rinde und die Äste aus, das Blattwerk, Blüten, welche Farben sind sichtbar… Hierfür können Sie sich 1-3 Minuten Zeit nehmen. Wenden Sie sich dann ab und bauen das Bild gedanklich nochmals neu auf. Wichtig ist, dass es tatsächlich neu geschaffen wird und nicht so sehr aus der reinen Erinnerung automatisch auftaucht. Schauen Sie dann wieder zum Objekt und prüfen Sie Ihre Vorstellung. In einem nächsten Schritt könnte eine Forschungsfrage zur Betrachtung hinzugelangen. Wie wirkt die Birke? Erscheint sie luftig oder eher schwer? Wie reagiert sie im Vergleich zu anderen Bäumen auf das Luftelement?
Die Fragestellungen können sehr vielfältig sein. Wichtig ist, dass das Bewusstsein durch ein sogenanntes Kriterium eine Führung erhält. Die Versuchung ist ansonsten groß in ein Schwärmen zu geraten oder gedanklich wo ganz anders zu sein. Mit einer Fragestellung zentriert sich das Bewusstsein entsprechend auf das Kriterium.
Auch diese Übung lässt sich auf verschiedene Objekte, Naturerscheinungen und Menschen übertragen. Ebenso lässt sich dies auf einfache Weise im Alltag praktizieren bspw. beim Kaffee trinken, oder beim Einkaufen, wenn man sich vor dem Betreten des Ladens eine geeignete Frage vornimmt. Wie wirken die Menschen heute, sind sie aufgerichtet oder eher wie gedrückt, wie ist die Atmosphäre usw.
Zu guter Letzt…
Immer dann, wenn es gelingt dem Bewusstsein eine Führung zu geben, die Ordnung zwischen einem Objekt im Außen und der eigenen Sphäre herzustellen, und das Außen emotionsfrei wahrzunehmen, baut der Mensch Energie oder Kraft auf. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf die eigene Lebenskraft aus, sondern hat gleichermaßen auch vorteilhafte Auswirkungen auf unsere Mitmenschen. Ähnlich wie sich eine schlechte Stimmung im Raum verteilt, wenn man sagt: „Hier ist dicke Luft“, die man nicht sehen aber genau wahrnehmen kann, so erleben auch andere Menschen eine günstige Atmosphäre und schöpfen neue Lebenskraft.
„Die bewusste Aufmerksamkeit zu einem gewählten Objekt bei Zurückhaltung der Emotionen und des Begehrens, mit einer klaren Wahrnehmung, entspannten Sinnen und solide getätigter Vorstellungsbildung führt zur Erkraftung der Psyche und des Körpers.“ Heinz Grill, Meditationsbrief v. 14.01.2024
Viel Freude beim Herstellen geeigneter Verhältnisse.
Melanie
Yogalehrerin und Yogajournalistin
Literaturempfehlung
Übungen für die Seele von Heinz Grill
Die Kraft der Gedanken von Swami Sivananda
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