Die Unterscheidung und Charakterisierung einer Emotion und einer Empfindung
- Melanie Berger
- 16. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Interessant ist es zu erforschen, welche Unterschiede zwischen einer Emotion und einer Empfindung bestehen. Ganz allgemein gesprochen handelt es sich jeweils um menschliche Gefühle, jedoch sind sie so unterschiedlich wie der Tag und die Nacht.
Die Emotion
Zunächst möchte ich die Emotion charakterisieren. Emotionen treten unmittelbar ein, meist ohne dass der Mensch etwas hinzufügt. Sie treten plötzlich, manchmal auch ungewollt auf und sind recht kurzweilig. Ferner, und dies ist wohl der wesentlichste Unterschied zur Empfindung, sind Emotionen subjektiver Art. Wenn sich 10 Menschen zu einem Thema äußern, kann es gut vorkommen, dass aus den emotionalen Gefühlen der einzelnen Personen heraus, 10 unterschiedliche Ansichten entstehen. Emotionen entsprechen meist nicht der objektive Realität.

Folgendes Beispiel, um die Emotion
exakter zu charakterisieren,
möchte ich nennen: Wer sich schon
einmal mit einem anderen Menschen
gestritten hat der weiß, dass es meist
sehr emotional und hitzig zugehen
kann und solch eine Auseinander-
setzung Kraft kostet. Um es anders
auszudrücken verbraucht sich also
die Lebenskraft, man könnte sagen die Batterie wird leerer. Emotionen entstehen häufig auf Grund sogenannter Triggerpunkte aus der Vergangenheit, aus der Kindheit oder aus dem eigenen Erfahrungsbereich, die unser Blut sekundenschnell wie zum Kochen bringen können. Im yogischen spricht man davon, dass der Mensch, wenn er emotional ist, sich in karmischen Verhältnissen befindet oder aufhält. Aus der Perspektive der Entwicklung des Menschen betrachtet wird dies nicht als förderlich erachtet. Jeder Mensch verfügt über diverse Prägungen und Eigenarten die sich auf Grund verschiedener Erfahrungen entwickelt haben. Erfahrungen sind wichtig und richtig und schützen uns teilweise vor Schwierigkeiten im Leben. Wenn aber viele Handlungen basierend auf alten Erfahrungen und Eigenarten aus der Emotionalität heraus getätigt werden, arbeitet man aus seinen karmischen Verhältnissen heraus und es kann sein, dass man die Realität gar nicht mehr so richtig erkennen kann. Wie oft ist es im Leben so, dass man denkt man wisse etwas oder könne die Situation auf Grund der bisherig gesammelten Erfahrung einschätzen aber es bewahrheitet sich dann doch nicht so, weil der weisheitsvolle Blick nach außen wie verloren gegangen ist. Der Blick auf die eigentliche Situation im Außen. Es ist der Emotion recht eigen, dass sie wie von unten nach oben aufsteigt und das wache Tagesbewusstsein gefangen oder einnimmt und der Einzelne sich wie in einer Wolke der eigenen Gefühlverhaftung aufhält.
Hier möchte ich ein Zitat des Geistforschers und spirituellen Lehrers Heinz Grill über die Emotion nennen: Diejenigen Gemütserscheinungen, die unter den Begriffen Emotionen, Passionen und Sentimentalitäten verstanden werden, bekunden eine über den Menschen automatisch hereinbrechende Kraft oder eine aus dem Leibinneren emporsteigende Reaktion, die je nach Temperamentsanlage einerseits eine Belebung, aber andererseits auch eine Unruhe zu erwecken vermag, da sich der Astralleib gegenüber dem Ich verselbstständigt. Sie sind wie starke Windböen, die das Gemüt im wahrsten Sinne nervös und unruhig machen. (aus: Das Wesensgeheimnis der Seele S. 229).
Die Empfindung
Ganz anders verhält es sich mit einer Empfindung. Als dass diese entsteht benötigt der Mensch die Aktivität seines Bewusstseins. Hier handelt es sich nicht um etwas das wie von unten nach oben hochschießt und sich dem Bewusstsein bemächtigt, sondern es handelt sich um ein aktiv entwickeltes objektives Gefühl, dass von außen an die Seele des Menschen herantritt und die Gefühle bereichert. Durch die Empfindung erweitert sich der Gefühlsapparat des Menschen. Sie formt, kräftig und wirkt sehr stabilisierend auf unsere Psyche. Die Lebenskraft steigt und die Batterie, wenn man es nochmals so nennen möchte, wird sogar voller.
Folgendes einfaches Beispiel soll auch hier zur weiteren Definition und Charakteristik beitragen: Stelle dir vor du stehst mit einigen Personen auf einer Blumenwiese. Die meisten werden sich über diesen Anblick erfreuen. Es kann nun sehr leicht auftreten, dass einige Personen in ein emotionales Schwärmen geraten und die Blumenwiese auf Grund dessen gar nicht so recht wahrnehmen (Emotion). Oder es kann weiterhin der Fall eintreten, dass andere sich überhaupt nicht wohl fühlen auf der Wiese wegen einiger Ängste vor Zecken oder bestehenden Heuschnupfens (Emotion). Beide Formen sind für die Entstehung einer Empfindung unbrauchbar. Aber wie gelangt man nun zur Empfindung? Als dass diese sich entwickelt, braucht es wie bereits erwähnt die Aktivität und Führung des Bewusstseins bspw. durch vorgenommene Kriterien. Die Fragestellung, was genau man wahrnehmen möchte ist hierbei sehr zielführend. Man könnte den Blick darauf ausrichten wie die Lebenskräfte in der Natur sind. Hierfür wendet man die Sinne zunächst nach außen und schaut sich die Blumenwiese emotionsfrei an mit der genannten Fragestellung. Etwaige Schwärmereien oder Ängste werden aktiv und bewusst zurückgehalten. Die Natur wird hierbei wie ein Gegenüber bspw. wie ein Gemälde, dass man aufmerksam betrachtet erlebt. Es kann für den ungeübten Aspiranten durchaus einige Momente in Anspruch nehmen, als dass eine Empfindung zum Objekt entsteht. Beispielsweise könnte man bemerken, dass die Wiese recht lebenskräftig in einem satten, frühlingshaften Grün erscheint, es könnte jedoch auch sein, dass es länger nicht geregnet hat und die Natur eher zurückgezogen und weniger lebenskräftig wirkt. Im Ergebnis wird der Mensch auf diese Weise aber zu einem universellen Eindruck über die Naturerscheinung kommen. Auch andere Menschen werden dies ähnlich erleben, wenn es gelingt, seine Vorurteile, bisherigen Erfahrungen usw. abzulegen und sich so frei als möglich dem Objekt im Außen hinzuwenden und es rückwirken zu lassen.
Auch hier möchte ich ein heranführendes Zitat von Heinz Grill nennen: „Sie (die Empfindung) entsteht im Verhältnis zu einem Gedankeninhalt, der vom Menschen gedacht wird. (…) Die wirklichen Empfindungen geben dem Menschen Schutz, Ordnung, Stärke und können gleichzeitig den Gedanken, aus dem sie stammen auf individuelle Weise im Gemüt mit Farbe und Sanftheit bewahren. (aus: Das Wesensgeheimnis der Seele. S. 240).


Die Empfindung ist wie eine Blume die im Werden erscheint und mit der Zeit kräftiger wird
Fazit
Wenn man eine solche Übung praktiziert nimmt die eigene Lebenskraft auf Grund der getätigten Aufmerksamkeit nicht ab, sondern wie bereits erwähnt steigert sich diese. Der Mensch baut auf und bekommt eine Beziehung zu dem Objekt im Außen. Wenn man wieder einmal an der genannten Wiese vorbeigeht, wird man auf ganz andere Weise auf diese aufmerksam, da bereits eine Empfindung und dadurch eine Beziehung zum Objekt entstanden ist.
Perspektivische Überlegungen:
Man stelle sich einmal vor, wenn viele Menschen auf der Welt nicht auf Grund von emotionaler Verhaftung, persönlicher Bereicherung, Macht oder Gier ihre Entscheidungen treffen würden, sondern auf Grund seelisch aktiv herangebildeter Empfindungen und damit einhergehende Empathie. Wie würde unsere Welt, in welcher gegenwärtig viel gestritten wird, aussehen?
Melanie Berger im April 2025
Yogalehrerin nach dem Neuen Yogawillen von Heinz Grill
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